Eine Reihe von Initiativen zu diesem Anlass: Jubiläums shootings von Lindbergh und Demarchelier, eine Geschichtsausstellung im Hangar Bicocca und die Ausgabe des nie veröffentlichten Kalenders Pirelli des Jahres 1986 von Helmut Newton.
Erstmals veröffentlicht im Jahr 1964, feierte der Kalender Pirelli nun dieses Jahr in Mailand sein 50. Jubiläum, und dies mit einer Reihe von Initiativen und einem Galaabend im Zentrum für zeitgenössische Kunst Hangar Bicocca von Pirelli, an dem zahlreiche Gäste und Sammler aus aller Welt teilnahmen.
Marco Tronchetti Provera (m.), Präsident von Pirelli, im Kreise mehrerer Models, u.a. Karolína Kurková (4. v. l.). |
Verschiedene Veranstaltungen stehen anlässlich des 50. Jubiläums auf dem Programm. Im vergangenen Juni haben in New York zwei Giganten der Fotografie, Peter Lindbergh und Patrick Demarchelier (jeweils Autoren der Ausgaben von 1996 und 2002 sowie 2005 und 2008), eine Reihe von Models in Szene gesetzt, die für die visuelle Identität der jüngeren Geschichte des Kalenders sinnbildlich sind, wie Alessandra Ambrosio, Helena Christensen, Isabeli Fontana, Miranda Kerr, Karolina Kurkova und Alek Wek.
Zusammen mit dem üblichen Galaabend, an dem ungefähr 800 geladene Gäste anwesend waren, wurde im HangarBicocca von Pirelli in Mailand auch eine Geschichtsausstellung eröffnet. Mit mehr als 160 Fotos von den über 30 Fotografen, die im Laufe der Jahre den Kalender geprägt haben, führt sie die Gäste des Galaabends und das Publikum durch die fünfzigjährige Geschichte von „The Cal“.
Anlässlich des Jubiläums von „The Cal“ hat Pirelli sich dafür entschieden, für das Jahr 2014 keinen neuen Kalender in Auftrag zu geben, sondern zum ersten Mal den Pirelli-Kalender des Jahres 1986 an die Öffentlichkeit zu bringen, der von Helmut Newton aufgenommen und bisher im Geschichtsarchiv des Unternehmens aufbewahrt wurde. Zu verdanken ist dies auchder Fondazione Pirelli, die den Kalender in langer und sorgfältiger Arbeit restauriert hat.
Nach fast 30 Jahren hat Pirelli beschlossen, den Kalender zu veröffentlichen und damit sowohl den feierlichen Anlass zu begehen als auch die glückliche Übereinstimmung der Tagesdaten von 1986 und 2014 zu nutzen.
Die Geschichte des berühmtesten Kalender der Welt
„The Cal“ ist zunächst ein Projekt von Pirelli UK Limited, der Tochtergesellschaft des Mailänder Konzerns, der dabei weitgehend freie Hand gelassen wird. Die Engländer suchen nach einer Marketingstrategie, um die heimische Konkurrenz anderer britischer Reifenhersteller zu überbieten. Im Jahr 1964 beauftragen sie deshalb den englischen Bildkünstler und offiziellen Fotografen der Beatles Robert Freeman damit, unter der Leitung von Derk Forsyth ein für die damalige Zeit vollkommen neuartiges Projekt ins Leben zu rufen.
2013 - Steve McCurry |
So entsteht ein exklusives und anspruchsvolles Verlagsprodukt mit einem künstlerischen und kulturellen Gehalt, der weit über Begriffe wie Mode und „Glamour“ hinausgeht.
Von diesem Zeitpunkt an und über 50 Jahre hinweg gibt „The Cal“ den Takt der verstreichenden Monate an und gilt mit den Fotos, die von den renommiertesten Fotografen des Augenblicks geschossen werden, als Vorreiter für neue Tendenzen in der Darstellung und Auslegung der Moralvorstellung.
2013 - Steve McCurry |
Die drei Leben von “The Cal"
Die Geschichte des Pirelli-Kalenders kann in drei verschiedene Zeiträume unterteilt werden:
– das erste Jahrzehnt von 1964 bis 1974, nach dem die Veröffentlichung für lange Zeit (neun Jahre) aufgrund der vom Jom-Kippur-Krieg und der Ölkrise verursachten Rezession unterbrochen wurde;
– das zweite Jahrzehnt, von 1984 bis 1994, das mit der Neugeburt des Kalenders beginnt, der allmählich wieder ins Rampenlicht rückt;
– von 1994 bis heute, die Zeit der Jahrhundertwende, als “The Cal”™ zum Kultgegegstand wird, der Tendenz macht.
2009 - Peter Beard |
Das Jahrzehnt von 1964 bis 1974
Die ersten Jahre von „The Cal“ sind geprägt vom wachsenden Erfolg der Beatles, der Rockmusik und des Minirocks, aber auch von Jungendprotesten und pazifistischen Bewegungen gegen den Vietnam-Krieg. Der Kalender entwickelt sich von seiner anfänglichen Rolle als „corporate gadget“ für die wichtigsten Kunden zu einem exklusiven Gegenstand für wenige Auserwählte.
Die Models stehen meist noch am Anfang ihrer Karriere und werden vor der Kulisse exotischer Strände und faszinierender und exklusiver Landschaftsbilder abgelichtet. Aber aus den Hochglanzbildern beginnt allmählich die wahre Berufung des Kalenders ans Tageslicht zu treten, der Ästhetik und Kultur in einem ist: „The Cal“™ soll zu einem Zeichen der sich wandelnden Zeit werden.
Im Zuge dieser Entwicklung lässt sich Harri Peccinotti 1968 von den Gedichten von Elizabeth Barret Browning, Allen Ginsberg und Ronsard inspirieren. Im Jahr darauf weigert sich derselbe Fotograf, seine Models in Szene zu setzen, um ihnen an den sonnigen Stränden Kaliforniens Aufnahmen zu „rauben“. Im Jahr 1972 steht zum ersten Mal eine Frau hinter der Fotokamera, Sarah Moon, die einige Tabus ihrer Zeit bricht.
Die Einstellung der Veröffentlichung, die im März 1974 angekündigt wird, ruft in den britischen und internationalen Medien ein noch größeres Aufsehen hervor als „The Cal“ in seinen Anfängen, ein deutliches Zeichen für den wachsenden Erfolg des Pirelli-Kalenders ist, der im folgenden Jahrzehnt in einer Reihe von Büchern, gesammelten Werken und Anthologien weiterlebt, die in verschiedenen Sprachen veröffentlicht werden. Das berühmteste Werk über die ersten zehn Jahre von “The Cal” erscheint im Jahr 1975 mit einem nostalgischen Vorwort von David Niven.
Das Jahrzehnt von 1984 bis 1994
Vor diesem Hintergrund kommt es schließlich zur lang ersehnten Neugeburt des Kalenders. Leiter des Projekts ist der neue Art Director Martyn Walsh, der zum Ursprung zurückkehrt und in seine Fotografien auf unauffällige und fast unterschwellige Weise das Hauptprodukt des Konzerns einbringt: den Reifen.
An den Stränden der Bahamas, neben den wunderschönen Models, die für den Kalender 1984 von Uwe Ommer posieren, erscheint eine äußerst rätselhafte Spur: es handelt sich um das Profil des Reifens P6, das neueste Produkt aus dem Haus Pirelli. Ein leichter Schatten, ein nur angedeutetes, aber gegenwärtiges Muster, eine Anspielung auf die Technologie, die unsere Epoche prägt.
1987 schafft Terence Donovan den ersten Kalender, der ausschließlich farbigen Schönheiten gewidmet ist: unter den Hauptfiguren die erst sechzehnjährige Naomi Campbell am Anfang ihrer Karriere.
Im Jahr darauf lichtet Barry Lategan in dem traditionell den Frauen vorbehaltenen „Schaufenster“ zum ersten Mal ein männliches Model ab. 1990 gestaltet Arthur Elgort den ersten Pirelli-Kalender ganz in Schwarz-Weiß. Er ist den olympischen Spielen und der deutschen Regisseurin Leni Riefenstahl gewidmet.
Von 1994 bis heute
Im Jahr 1993, erneut am Ende eines Jahrzehnts und nach einem Führungswechsel an der Unternehmensspitze, erfolgt eine wesentliche Wende. Die Kommunikation von Pirelli macht international mit einigen äußerst erfolgreichen Werbekampagnen von sich reden (besonders bekannt die des farbigen Sprinters Carl Lewis in roten Damenschuhen mit Pfennigabsatz), und der Kalender wird zu einem der wichtigsten Vehikel für das erneuerte Image des Konzerns.
Die künstlerische Leitung des Kalenders wird in den Mailänder Hauptsitz verlegt und es wird entschieden, jeglichen Bezug und jegliche Anspielung auf Reifen fallenzulassen. „The Cal“™ findet so zu sich selbst zurück, wird wieder reiner künstlerischer Ausdruck frei von Einschränkungen und Bedingungen und ist nur dem geschmackvollen Stil verpflichtet.
„P lunga“ ist natürlich auch ein internationaler Markenname, der nicht einfach nur für eine Produktfamilie steht, sondern einen breiten Fächer von Werten und Bedeutungen beinhaltet, darunter vor allem Begriffe wie Innovation und das Streben nach Vortrefflichkeit, die auch für den Kalender stets ausschlaggebend waren.
Herb Ritts eröffnet 1994 eine neue Saison von „The Cal“™ mit einem außergewöhnlichen Aufgebot an Topmodels: Cindy Crawford, Helena Christensen, Kate Moss und Karen Alexander. Sein Kalender mit dem Titel „A Homage to Women“ ist ein Zeichen der Würdigung für „die Frauen der Neunziger Jahre und ihren Platz in der Welt: stolze und verführerische Frauen mit innerer Schönheit“.
Von nun an sind das schöpferische Talent der Fotografen und der Zauber der Models mehr als je zuvor der Schlüssel zum Erfolg des Pirelli-Kalenders. Die Verbindung zur Welt der Mode und des Glamour wird stärker: für die Stars des Laufstegs ist ein Foto in „The Cal“™ der sichere Start in die Karriere, und die Konkurrenz zwischen den jungen Models wird immer härter.
Unter den Hauptfiguren aus der Welt des Glamours, die in den letzten Ausgaben des Jahrhunderts abgelichtet wurden, sind Namen wie: Christie Turlington und (erneut) Naomi Campbell im Jahr 1995 (Fotos von Richard Avedon), Carré Otis, Eva Herzigova und Nastassja Kinsky 1996 (Fotos von Peter Lindbergh), Inés Sastre und Monica Bellucci (das erste italienische Model) 1997.
1998 widmet Bruce Weber auch den männlichen Stars von Kino und Lied einige Aufnahmen, wie Robert Mitchum, John Malkovich, Kris Kristofferson, B.B.King und Bono. Die Symbole von Herb Ritts 1999 und von Annie Leibovitz im Jahr 2000 sind dagegen Alek Wek und Laetitia Casta.
Das einundzwanzigste Jahrhundert beginnt mit einem Kalender, der von Mario Testino mit Gisele Bündchen und Frankie Ryder in Neapel aufgenommen wurde. In der Ausgabe von 2002 erscheinen zahlreiche Schauspielerinnen und zwei berühmte Enkelinnen: Lauren Bush (17 Jahre alt, Enkelin von George) und Kiera Chaplin (Enkelin des unvergesslichen Charlie).
Das Cast von 2003, erneut von Bruce Weber, ist besonders reichhaltig: drei italienische Namen (Mariacarla Boscono, Eva Riccobono und Valentina Stilla) neben gefeierten Models wie Sophie Dahl, Heidi Klum, Karolina Kurkova und Natalia Vodianova, sowie erneut einige männliche Protagonisten aus Kino und Sport (Alessandro Gassman, Stephane Ferrara, Richie La Montagne).
Im Jahr 2004, Ausgabe des vierzigjährigen Bestehens, kreist der Kalender um Träume und Sehnsüchte berühmter Frauen wie Catherine Deneuve und Isabella Rossellini und vertraut dabei auf die technologische Kreativität des Fotografen Nick Knight. Die Ausgabe von 2005 ist von Patrick Demarchelier, der in seinem „O espirito do Brazil“ an den sonnigen Stränden von Ipanema und Copacabana so gefragte Models wie Naomi Campbell und neue Namen wie Adriana Lima ablichtet.
2006 ist die Ausgabe des bewährten englisch-türkischen Zweigespanns Mert und Marcus, die vor der zauberhaften Kulisse der Côte d‘Azur der sechziger Jahre Frauen von außergewöhnlicher Schönheit und Sinnlichkeit wie Jennifer Lopez, Kate Moss und Gisele Bündchen in Szene gesetzt haben.
2007 sind die Stars an der Reihe. Es werden die fünf bekanntesten und beliebtesten unter ihnen ausgewählt: Sophia Loren, Penelope Cruz, Hilary Swank, Naomi Watts und der aufsteigende Stern
Lou Doillon, die von den beiden Holländern Ines und Vinoodh Matadin in Kalifornien fotografiert
werden.
2008 steht zum zweiten Mal der Name von Patrick Demarchelier unter The Cal, und es ist das erste Mal, dass der Kalender auf dem asiatischen Kontinent entsteht.
Der Aufnahmeort ist Shanghai, das Casting ist eine Mischung zwischen Westen und Osten, darunter die chinesische Schauspielerin Maggie Cheung und das Topmodel Doutzen Kroes.
2009 zieht The Cal nach Botswana weiter, wo der berühmte Künstler Peter Beard international anerkannte Models wie Daria Werbowy, Lara Stone und Mariacarla Boscono verewigt. Beard, der dreißig Jahre lang in Kenia gelebt hat, ist einer der weltweit größten Darsteller des geheimnisvollen Zaubers von Afrika.
Mit der Ausgabe von 2010 wird der amerikanische Fotograf Terry Richardson beauftragt, berühmtes „Enfant terrible “ mit seinem provozierenden und unkonventionellen Stil. Er fotografiert herausfordernde und freche Mädchen wie Miranda Kerr, Lily Cole, Rosie Huntington und Ana Beatriz.
Das Jahr 2011 ist vom schöpferischen Genie Karl Lagerfeld geprägt. Der vielseitig begabte Künstler und Ästhet ruft in seinen Pariser Ateliers „Mythology“ ins Leben, einen Kalender, der seine Leiden schaft für Legenden und Mythen der griechisch-römischen Mythologie zum Ausdruck bringt. Zu sehen sind sowohl männliche als auch weibliche Models wie Baptiste Giabiconi und Brad Kroenig, sowie die Schauspielerin Julianne Moore.
2012 ist das Jahr von Mario Sorrenti, dem ersten italienischen Fotografen, dessen Wahl für „swoon“, Ekstase in Bildern, auf Korsika fällt und der für sein Cast so bedeutende Namen wie Milla Jovovich, Kate Moss, Isabeli Fontana wählt.
Schöpfer der Ausgabe 2013 von „The Cal“ ist Steve McCurry, einer der berühmtesten Fotoreporter der Welt, der den sozialen und wirtschaftlichen Wandel Brasiliens gekonnt darstellt. Unter den Protagonisten, die sich ausnahmslos für Nicht-Regierungsorganisationen, Stiftungen und humanitäre Projekte engagieren, die brasilianische Schauspielerin Sonia Braga, die Sängerin Marisa Monte, sowie die Models Adriana Lima, Petra Nemcova und Summer Rayne Oakes.
1986: Das Jahr der zwei Kalender
Seit seinem Entstehen ist der Kalender dank des Intuitionsvermögens von Pirelli UK lediglich einer kleinen Gruppe von Liebhabern vorbehalten, die ihn als Geschenk erhalten. Er ist ein symbolträchtiger Gegenstand und Vehikel einer Idee .Sein exklusiver Charakter stärkt seine Medienwirksamkeit und macht ihn in kurzer Zeit zum Kultobjekt.
1971 wird „The Cal“ den Ministern der englischen Regierung, der Königsfamilie und einer knappen Liste bekannter Namen zugesendet. Es handelt sich um einen Gegenstand, der Tendenz macht und ein starkes Kommunikationsvermögen in sich birgt.
Pirelli Italia hat das in ihm steckende Potential voll erkannt und möchte den Kalender Mitte der achtziger Jahre nach Italien holen. Man muss das Unterfangen wagen. Und so entsteht die Herausforderung. Eine unternehmensinterne Rivalität. Zwei parallele Projekte, die einander ignorieren. Die Engländer, die seit 1984 unter der Leitung des Art Directors Martin Walsh arbeiten, haben mit ihren eleganten Aktfotos bereits einige Tabus gebrochen.
Sie beauftragen den amerikanischen Fotografen Bert Stern mit dem Projekt, der Marylin Monroe nur in einem hauchdünnen Schleier portraitiert hat. Seine Karriere beginnt in der Werbebranche, aber dann verewigt er mit seinen Bildern Stars wie Elizabeth Taylor und Audrey Hepburn. Mit dieser Wahl soll ein neues Zeichen in der Entwicklung des Projekts gesetzt werden: die Annäherung an die Welt des Kinos und des Schauspiels.
Pirelli Italia engagiert dagegen Helmut Newton. Der deutsche Fotograf ist bereits eine Berühmtheit. Sein Buch «Big Nudes» macht ihn im Jahr 1981 zu einem der bedeutendsten Vertreter der Bildkultur des zwanzigsten Jahrhunderts. Er hat die Fotografie von einer Modeerscheinung zu einem Status gemacht.
Er sprengte den Rahmen, indem er aus den Ateliers hinausging und seine Models auf der Straße ablichtete. Seine Fotos sind Sequenzen, die zu Glamour werden. Seine Vorstellung nackter Weiblichkeit, in Schwarz-Weiß, ist von klassischer Statuenhaftigkeit, und doch geht von ihnen eine starke erotische Wirkung aus.
Schließlich wird für das Jahr 1986 die Arbeit von Stern gewählt. Newton musste die Location aus familiären Gründen verlassen. Der von ihm konzipierte und aufgenommene Kalender wurde wie ein Familienschmuckstück aufbewahrt in der Erwartung der richtigen Gelegenheit, um ihn zur vollen Geltung zu bringen.
Die Aufnahmen von Stern, auf denen die Models in imaginären Ateliers moderner und zeitgenössischer Künstler spielten und ihre Rolle als sinnliche Musen betonten, waren im Einklang mit dem damaligen Zeitgeist und in diesem Sinne zweckgemäß.
So entstand ein „The Cal“, der das Kaleidoskop von Farben und grafischen Zügen der wunderbaren Achtziger Jahre auf seine Weise interpretierte: mit einer betonten und aggressiven Nackheit.
Der Pirelli-Kalender 1986 von Helmut Newton: die Geschichte
Als Pirelli Italia im Frühling 1985 Helmut Newton fragt, wie er sich seinen Kalender vorstellt, setzt das Unternehmen keinerlei darstellerische Bedingungen, nur sollte das Produkt von Pirelli deutlich auf seinen Aufnahmen zu sehen sein. Dies war eine wahre Wende.
Nicht nur für den Künstler, sondern auch für den Kalender selbst, der bisher das evokatorische Bild weitab von einer direkten Bezugnahme auf das „core business“ von Pirelli bevorzugte. Zum Set des italienischen Projektes gehört somit auch der Reifen mit dem Markennamen Pirelli in all seinen Handelsvarianten.
Bis zu diesem Zeitpunkt standen Werbezwecke im Hintergrund und sie beschränkten sich bisher auf die Spur eines Reifenprofils im Sand (Uwe Ommer, The Cal 1984) oder auf die Umrisse eines Gürtelreifens auf den Kleidungsstücken der Models (Norman Parkinson, The Cal 1985). Newton, der das Potential des Kalenders kennt, nimmt die Herausforderung an.
Die ersten Aufnahmen entstehen im Mai anlässlich des Großen Preises von Monte Carlo, wo der Künstler auch wohnt. Dann wird der Set in die Toskana in das Weinbaugebiet Chianti nach Podere Terreno verlegt.
Unter den Reben auf dem Land um Siena findet Newton das richtige Licht für seinen italienischen „The Cal“. Anhöhen, Zypressen, Bauernhäuser, Betsäulen, Landwirtschaftsmaschinen, eine kleine Tankstelle und mittelalterliche Ansiedlungen stellen die Kulisse für Fotos dar, die eine neoveristische Atmosphäre widerspiegeln.
Die Straße wird zur perspektivischen Fluchtlinie für stattliche und junonische Frauen, wie wir sie aus neoveristischen Filmen kennen und die durch Schauspielerinnen wie Silvana Mangano, Lucia Bosé und Sophia Loren zur Berühmtheit gelangen, beobachtet von Männern mit reiner Zuschauerrolle.
An Newtons Seite ist stets Manuela Pavesi. Sie ist weit mehr als eine Modedesignerin, die den Geist dieser höhnischen und unruhigen Feminität zum Ausdruck bringt. Ihre Rolle scheint vielmehr die zu sein, eine Moralvorstellung in Szene zu setzen.
Der Künstler wühlt in seiner Vorstellungswelt, in seinem Verlangen nach Vitalität, die Eros wird, auf der Suche nach einem sinnlichen Stil, der seine Anschauung der italienischen Natur vermittelt. Manuela Pavesi begleitet ihn auf seinem schöpferischen und gestaltenden Weg und teilt mit ihm seinen zutiefst gewagten und instinktiven Gesichtspunkt, der sich mit seiner außergewöhnlichen Fähigkeit vereint, herausfordernde Inhalte in ein Hochglanzbild zu verwandeln.
Als Helmut Newton die Location verlassen muss, um wegen einer unaufschiebbaren Familienangelegenheit nach Monte Carlo zurückzukehren, übergibt er Manuela Pavesi seinen
Fotoapparat, damit sie ihn genau nach seinen Anweisungen in Stellung bringt. Die Aufnahmen macht ihr Assistent Xavier Alloncle, aber die Arbeit, die schon fast beendet war, wird unter der künstlerischen Urheberschaft von Newton abgeschlossen.
Der heute veröffentlichte Kalender berücksichtigt das ursprüngliche Projekt auch hinsichtlich der grafischen Gestaltung und zeigt 12 Fotos des Meisters in Schwarz und Weiß, zusammen
mit 29 Backstage - Fotos, die den Liebhabern das historische Werk in Schwarz - Weiß zurückbringt, das in Chianti und Monte Carlo 1985 ins Leben gerufen wurde.
Die vorliegende, bis heute nie vollständig veröffentlichte Ausgabe, wird dem gestalterischen Gedanken von Newton voll gerecht. Die Fotos führen sein schöpferisches Konzept aus. Und das Endprodukt wurde ganz gemäß der künstlerischen Anschauung des Meisters herausgegeben.
Der Pirelli - Kalender nach Philippe Davero
Einige Protagonisten der italienischen Industrie vergisst man einfach nicht. Vor allem die von Pirelli. Alberto Pirelli, den ich in sein Haus außerhalb von Varese, die „La Biblioteca“ (die Bibliothek) genannte Villa, zurückkehren sah, der beim Versailler Friedensvertrag, der 1919 den ersten Weltkrieg formal beendete, im Wirtschaftsrat saß und der das Institut für Außenhandel ins Leben gerufen hat.
Er war der erste Italiener, der 1908 mit Wright nach LeMans flog. Seine Söhne Leopoldo, der an der Unternehmensspitze stand, und der etwas ältere Giovanni, Partisanenkommandant und Schriftsteller, Ehemann der ausgezeichneten visuellen Künstlerin Marinella, die sich schon mit Videos beschäftigte, als es noch nicht einmal ein Wort für diese neue Kunstform gab.
Unternehmer, die von der Modernität träumten und Gio Ponti und Pier Luigi Nervi beauftragten, in der unmittelbaren Nachkriegszeit einen der höchsten Wolkenkratzer Europas zu bauen, wo im letzten Stock ein Unternehmensmuseum eingerichtet werden sollte.
Nicht weniger bedeutend waren die Unternehmensleiter. Für dieMailänder wird Guido Venosta unvergesslich bleiben, der mit Carla, einer der Hauptvertreterinnen des italienischen Designs verheiratet war. Er war in den Jahren der Nachkriegszeit in der Unternehmensleitung von Pirelli in London und war bekannt für seine feine, aber extravagante Eleganz.
Er studierte in Oxford und Cambridge und kehrte nach Italien zurück, um den Vorsitz der Italienischen Krebsforschungsgesellschaft zu übernehmen, wobei ihm seine Erfahrung im englischen fund raising sehr zu Gute kam. Es scheint der stillen Vorstellungskraft und dem Mailänder Understatement innezuwohnen, unerwartete Experimente hervorzubringen, auch in der turbulenten Welt der Kommunikation. Experimente, die im Laufe der Zeit weitergeführt wurden und die heute noch das Unternehmen Pirelli prägen.
Der Kalender ist auf seine Art ein Beispiel dafür: er entstand an der Themse in den magischen Jahren des Swinging London, als die Haare der Jungen länger wurden und die Röcke der Mädchen kürzer. England kam aus der harten Nachkriegszeit des Wiederaufbaus heraus und entdeckte Freiheit und Lebensfreude.
Die britische Moralvorstellung befreite sich von der Strenge der upper class, bekam ein jüngeres Gesicht und wurde unvoreingenommener. Das Wort swinging wurde von der unvergänglichen Diana Vreeland geprägt, der gebürtigen Pariserin aus der amerikanischen High Society, die in New York zu einer bedeutenden Figur von Vogue un Harper’s Bazaar wurde.
Auf der anderen Seite der gesellschaftlichen Barriere stand Mary Quant, Tochter eines Lehrerpaars aus dem Bergbaumilieu in Wales. Sie führte in ihrem Laden in King’s Road den Minirock zum Erfolg, der inallen Gesellschaftsklassen zu einem wahren Symbol aufstieg.
Heute wird viel darüber gesprochen, wie es zu dieser kurzen Mode kam, die den Jungen den Kopf verdrehte und die Uhren der Zeit aus dem Takt brachten. André Courrèges hatte diese Richtung schon vorher eingeschlagen , allerdings tat er dies im Rahmen der Pariser Modeschauen, und Marit Allen brachte diese Neuheit ins amerikanische Kino ein, aber der volksweite radikale Wandel im Geschmack wurde von den Jugendlichen Londons ausgelöst, und nicht von der Eleganz der Pariserinnen.
Auch der Begriff pop, der sich später zur Pop Art entwickelte und dank der Biennale von Venedig 1964 in Amerika Verbreitung fand, hatte zunächst eigentlich ebenfalls in London am Ende der vierziger Jahre in den Antizipationen von Eduardo Paolozzi zu keimen begonnen. Er wurde als Sohn italienischer Immigranten in Edinburgh geboren und zusammen mit Richard Hamilton war er Mitbegründer der Indipendent Group.
Die Lebhaftigkeit, mit der dieser gesellschaftliche Wandel im alten Britannien vor sich ging, hat im gesamten Westen für einen frischen Wind der Erneuerung gesorgt.
Jene Jahre spiegeln sich genial in Blow Up von Michelangelo Antonioni wider, jenem magischen und metaphysischen Film aus dem Jahr 1966 mit dem Topmodel Verushka, der die Arbeit des Modefotografen wie in einem Lauffeuer zu einem Mythos der westlichen Welt verwandelte: Model und Mode wurden zum Synonym. Die Mode war nicht mehr ein Privileg für wenige sondern die Identität einer Generation, die sich ihre Zukunft schmieden und ausleben wollte.
Begriffe wie Swinging London und Singing London stehen auch für die Zeit, als neben den Beatles die Rolling Stones und Pink Floyd aufkamen, deren sanfte oder psychedelische, ironische oder mitreißende Musik oft von den ersten Piratensendern ausgestrahlt wurde, unter denen der bekannteste Swinging Radio England war.
Mit der ersten Ausgabe des Pirelli-Kalenders wurde eben der Fotograf Robert Freeman betraut, der mit seinen Aufnahmen das Image der Beatles gefeiert hatte.
Der Kalender von Pirelli verstand es, L’esprit du Temps geschickt in sich aufzunehmen und dem Wandel der Zeit zu folgen. Als die kurzen Röcke wieder länger wurden und die Hippiekleidung im Zuge von Woodstock 1969 aufkam, dem großen Rave, der die Illusion einer erfolgten Revolution wenn auch nicht in der Gesellschaft, so doch wenigstens in den Moralvorstellungen auslöste, zeigen sich auch im Kalender wie von selbst die unmittelbaren Auswirkungen.
Betrachtet man heute seine ein halbes Jahrhundert andauernde Entwicklung, so stellt der Kalender durch das Spiel von Ästhetik und Blicken ein ausgezeichnetes Dokument kultureller Anthropologie dar, das den Stimmungswandel, die sich ändernde Wahrnehmung nicht nur des Subjekts sondern der gesamten Welt, in der der Fotograf tätig ist, nacherzählt.
Intimität, Glamour, exotischer Traum, Entdeckung der Beschaffenheit der Natur und eine manchmal
fast romantische Verinnerlichung begleiten den unaufhaltbaren Wandel der westlichen Gesellschaft. Und das durch die Darstellung der Models und ihrer Ausdrucksweise und nicht nur ihrer Moden. In den sechziger Jahren spürt man einen neuen Wind der Freiheit, das darauffolgende Jahrzehnt sind die Jahre der Verinnerlichung.
Die achtziger Jahre sind laut, in den neunziger Jahren tritt die Globalität in den Vordergrund. Das neue Jahrhundert, das sich für keine neue Mission zu entscheiden scheint, ist nostalgisch und verträumt… der wiederaufgenommene Kalender hilft, uns dies in einem Kaleidoskop, in dem Vergangenes und Gegenwärtiges, Entferntes und Nahes miteinander zusammenleben, vor Augen zu halten.
Informationen zum Pirelli-Kalender
Von 1964 bis 2013 werden von 31 Fotografen insgesamt 40 Kalender in einem Zeitraum von fünfzig Jahren aufgenommen. Von ihnen haben 9 jeweils zwei Ausgaben gemacht: Harri Peccinotti (1968 und 1969), Brian Duffy (1965 und 1973), Francis Giacobetti (1970 und 1971), Clive Arrowsmith (1991 und 1992), Herb Ritts (1994 und 1999), Richard Avedon (1995 und 1997), Peter Lindbergh (1996 und 2002), Bruce Weber (1998 und 2003), Patrick Demarchelier (2005 und 2008).
Vier Frauen haben ihren Namen unter einen Kalender gesetzt: die Französin Sarah Moon (1972), die Amerikanerinnen Joyce Tennyson (1989) und Annie Leibovitz (2000) sowie Inez (2007, zusammen mit Vinoodh).
Was die Locations betrifft, wurden 17 Kalender in Europa aufgenommen (6 in UK, 6 in Frankreich, 3 in Spanien, 2 in Italien), 10 in den Vereinigten Staaten, 4 auf den Kariben, 5 in Afrika, 3 in Brasilien und 1 in China).
25 Ausgaben haben Farbfotos, 9 Schwarz-Weiß-Fotos (1990, 1996, 1998, 1999, 2000, 2005, 2007, 2011, 2012) und sechs sind gemischt (1997, 2001, 2002, 2003, 2006, 2009).
Artikel und Bücher
Wie jeder Kultgegenstand und jedes erfolgreiche Verlagsprodukt hat auch der Kalender tausende Presseartikel, Backstage-Fotoreportagen und Filmmaterial sowie hunderte Stunden von Fernsehübertragungen und Interviews mit Fotografen, künstlerischen Leitern und Models nach sich gezogen. Daneben wurden Dutzende von monografischen Werken, Anthologien, CDs und Videos produziert.
Viele dieser Bücher wurden ihrerseits zu beliebten Sammlerstücken und sind heute nicht mehr zu finden. Unter den begehrtesten Stücken sind das Buch „The Complete Pirelli Calendar Book“, herausgegeben im Jahr 1975 von Pan Books (mit einem Vorwort von David Niven) sowie die zahlreichen Ausgaben (1988, ‘89 und ’93) von „the Pirelli Calendar Album“, veröffentlicht von Pavillon Books und herausgegeben vom ersten Art Director des Kalenders Derek Forsyth.
In Italien enthält die reiche Bibliografie zum Pirelli-Cal einige Werke, die bei Rizzoli erschienen sind, wie die kompletten Sammelausgaben von 1997 und 1998 mit Texten von Italo Zannier und Guido Vergani, das Werk „the Cal dagli anni Sessanta al Duemila“ mit Texten von Laura Laurenzi, sowie das neuere Werk „40 Pirelli Cal“, 2004 erschienen bei Rizzoli mit einem Vorwort von Francesco Negri Arnoldi.
Erwähnenswert ist unter den zahlreichen weiteren Veröffentlichungen auch das Sammelwerk in 5 Bänden, das Ende 2006 als Beilage der Tageszeitung Il Corriere della Sera erschien. Eine vollständige Sammlung, „calendario Pirelli 1964-2007”, mit Texten von Edmondo Berselli und Francesco Negri Arnoldi, wird 2007 von Mondadori veröffentlicht und abgelehnt, genau wie einige der vorausgehenden Werke in ausländischem Gemeinschaftsverlag.
Ausstellungen und Veranstaltungen
Der Pirelli-Kalender war Gegenstand zahlreicher Ausstellungen, Veranstaltungen und Präsentationen in vielen Ländern, sowie Thema von Vorlesungen in Universitätskursen zu Fotografie, Grafik und Design. Im Victoria and Albert Museum wurde einigen der Szenenbilder und Badebekleidungen von „The Cal“ lange Zeit ein Ausstellungsraum gewidmet. Die bedeutendste Retrospektive, gestaltet von dem Architekten Gae Aulenti, wurde im Februar 1997 in Venedig (Palazzo Grassi) eröffnet und kam dann nach Mailand (Palazzo Reale) und nach Genua (Palazzo Ducale).
Von dort aus ging es weiter über drei Kontinente, mit Station in Monte Carlo (Casinò), Brüssel (Musées Royaux d’Art et d’Histoire), Paris (Carrousel du Louvre, Dezember 1998) Buenos Aires (Palais de Glace), San Paolo (MASP) und Tokio (2001), Moskau (Mali Manage, 2005) und Berlin (Berlinische Galerie, 2006).
Anlässlich dieser Ausstellung fanden Galaabende an der Tony Shafrazi Gallery (10. Februar 2005) in NY und im Guggenheim Museum (27. April 2007) statt, während der Präsentation des Dokumentarfilms über den Pirelli-Kalender von Dominique Miceli für Paris Premiere ein Abend am Petit Palais von Paris gewidmet wurde (Oktober 2010).
Seit 2006 stellt Pirelli jedes Jahr im „House of Photography“ in Moskau den Kalender des jeweiligen Jahres aus. Die Fotos des Kalenders sind schließlich auch oft auf den persönlichen Ausstellungen der Fotografen zu sehen, die im Laufe der Zeit den Kalender geschaffen haben.
Sammlungen und Wohltätigkeitsversteigerungen
Obwohl der Pirelli-Kalender niemals zum Verkauf stand, ist doch ein blühender Parallelmarkt entstanden, auf dem Sammler und Liebhaber des Cals Tausch- und Kaufaktionen vornehmen, bei denen er mit mehreren zehntausend Euro bewertet wird, je nach Jahr (und Fotograf) und Zustand. Seit Jahren beherbergt die „Sunday Times“ eine wahre Börse, auf der die seltenen Ausgaben quotiert werden.
Auch Pirelli hat bei bestimmten Anlässen einige Exemplare von „The Cal“ beiVersteigerungen zu wohltätigen Zwecken angeboten und dabei einen nicht zu verachtenden Erfolg erzielt. 1975 wurde eine komplette Kalenderserie des ersten Jahrzehnts zum ersten Mal zu wohltätigen Zwecken von Christies zur Versteigerung geboten. Es konnte dafür die Summe von zweitausend Pfund erzielt werden. Damit wurde die Quotation für ein Bild von Andy Warhol übertroffen, das auf derselben Versteigerung verkauft wurde.
Seitdem hat der Cal von Pirelli auf Versteigerungen und durch ausgesetzte Preise, um Mittel für wohltätige Zwecke zu sammeln, oft dazu beigetragen, gemeinnützige Initiativen zu finanzieren.
Fotografen, Locations und Models
1964 Robert Freeman auf Mallorca, Spanien
Jane Lumb, Sonny Freeman Drane, Marisa Forsyth
1965 Brian Duffy in Monaco und der Côte d’Azur, Südfrankreich
Pauline Dukes, Annabella, Virginia, Pauline Stone, Jeannette Harding
1966 Peter Knapp in Al Hoceima, Marokko
Peter Knapp, Shirley Ann, Sue
1967 keine Veröffentlichung
1968 Harri Peccinotti in Djerba, Tunesien
Ulla Randall, Elisa Ngai, Pat Booth, Jill La Tour
1969 Harri Peccinotti in Big Sur, Kalifornien
1970 Francis Giacobetti in Paradise Island, Bahamas
Alexandra Bastedo, Anak, Pegga, Paula Martine
1971 Francis Giacobetti auf Jamaica, Große Antillen
Caileen Bell, Angela McDonald, Kate Howard, Christine Townson, Gail Allen
1972 Sarah Moon in Villa Les Tilleuls, Paris
Suzanne Moncurr, Mick Lindburg, Boni Pfeifer, Inger Hammer, Magritt Rahn, Barbara Trenthan
1973 Brian Duffy in Londra,England
Erica Creer, Sue Paul, Nicki Howorth, Kubi, Nicky Allen, Jane Lumb, Kate Howard, Vida, Penny Steel, Kari Ann, Elizabeth, Vicky Wilks
1974 Hans Feurer auf den Seychellen, Afrika
Eva Nielson, Kim, Marana, Chichinou, Kathy Cochaux
1975-1983 keine Veröffentlichung
1984 Uwe Ommer auf den Bahamas, Mittelamerika
Angie Layne, Suzy-Ann Watkins, Jane Wood, Julie Martin
1985 Norman Parkinson in Edinburgh, Schottland
Anna, Cecilia, Iman, Lena, Sherry
1986 Bert Stern in den Cotswolds, England
Julia Boleno, Jane Harwood, Louise King, Deborah Leng, Suzy Yeo, Beth Toussaint, Gloria, Joni Flyn,Caroline Hallett, Samantha, Juliet, Clare Macnamara
1987 Terence Donovan in Bath, England
Ione Brown, Colette Brown, Naomi Campbell, Gillian De Turville, Waris Dirie
1988 Barry Lategan in London, England
Hugo Bregman, Briony Brind, Victoria Dyer, Nicola Keen, Kim Lonsdale, Sharon MacGorian, Naomi Sorkin, Carol Straker
1989 Joyce Tennyson in den Polaroid Studios, New York
Lisa Whiting, Nicky Nagel, Dannielle Scott, Brigitte Luzar, Gilda Meyer-Nichof, Kathryn Bishop, Susan Allcorn, Susan Waseen, Rosemarie Griego, Akura Wall, Gretchen Heichholz, Rebecca Glen
1990 Arthur Elgort in Sevilla, Spanien
Laure Bogeart, Laurie Bernhardt, Christina Cadiz, Anna Klevhag, Florence Poretti, Debrah Saron
1991 Clive Arrowsmith in Frankreich
Alison Fitzpatrick, Lynne Koester, Monika Kassner, Paola Siero, Nancy Liu, Katherina Trug, Jackie Old Coyote, Tracy Hudson, Rachel Boss, Carole Jimenez, Saskia Van Der Waarde, Rina Lucarelli, Susie Hardie-Bick
1992 Clive Arrowsmith in Almeria, Spanien
Alison Fitzpatrick, Julienne Davis, Judi Taylor
1993 John Claridge auf den Seychellen, Afrika
Christina Estrada, Barbara Moors, Claudie
1994 Herb Ritts auf Paradise Island, Bahamas
Karen Alexander, Helena Christensen, Cindy Crawford, Kate Moss
1995 Richard Avedon in New York, Vereinigte Staaten
Nadja Auermann, Farrah Summerford, Naomi Campbell, Christy Turlington
1996 Peter Lindberg in El Mirage, Kalifornien, Vereinigte Staaten
Eva Herzigova, Natassja Kinski, Kristen McMenamy, Navia, Carre Otis, Tatjanna Patitz
1997 Richard Avedon in New York, Vereinigte Staaten
Honor Fraser, Ling, Cordula, Sophie Patitz, Ines Sastre, Waris Dirie, Anna Klevhag, Monica Bellucci, Gisele, Kristina, Tatiana, Irina, Jenny Shimizu, Marie Sophie, Brandy , Julia Ortiz, Nikki Uberti
1998 Bruce Weber in Miami, Vereinigte Staaten
Tanga Moreau, Stella Tenant, Milla Jovovich, Charolyn Murphy, Eva Herzigova, Patricia Arquette,
Shalom Harlow, Kristy Hume, Elaine Irwin Mellencamp, Georgina Grenville, Kiara, Rachel Roberts,
Daryl Hannah.Guests: Dermot Mulroney, Fred Ward, Ewan Mc Gregor, Dan O’Brien, BB King, Sonny Rollins, Bono, Paul Cadmus, Francesco Clemente, John Malkovich, Kelly Slater, Kris Kristofferson, Robert Mitchum
1999 Herb Ritts in Los Angeles, Vereinigte Staaten
Chandra North, Sophie Dahl, Karen Elson, Michele Hicks, Carolyn Murphy, Shirley Mallmann, Laetitia Casta, Audrey Marnay, Elsa Benitez, Bridget Hall, Angela Lindvall, Alek Wek
2000 Annie Leibovitz in Rhinebeck, New York, Vereinigte Staaten
Lauren Grant, June Omura, Mireille Radwan-Dana, Laetitia Casta, Alek Wek, Julie Worden, Jacqui
Agyepong, Marjorie Folkman
2001 Mario Testino in Neapel, Italien
Gisele Bundchen, Aurelie Claudel, Karen Elson, Rhea Durham, Marianna Weickert, Fernanda Tavares, Angela Lindvall, Ana Claudia Michael, Liisa Winkler, Noemi Lenoir, Frankie Rayder, Carmen Kass
2002 Peter Lindbergh in Los Angeles, Vereinigte Staaten
Lauren Bush, Erika Christensen, Amy Smart, Bridget Moynahan, James King, Shannyn Sossamon,
Selma Blair, Kiera Chaplin, Brittany Murphy, Monet Mazur, Rachel Leigh Cook, Mena Suvari, Julia
Stiles
2003 Bruce Weber im Cilento und in Paestum, Italien
Jessica Miller, Lisa Steiffert, Heidi Klum, Isabeli Fontana, Mariacarla Boscono, Natalia Vodianova,
Karolina Kurkova, Sienna Miller, Alessandra Ambrosio, Rania Raslan, Bridget Hall, Sophie Dahl,
Eva Riccobono, Yamila Diaz-Rahi, Filippa Hamilton, Valentina Stilla, Enrico Lo Verso, Alessandro
Gassman, Tomasino Ganesh, Marcelo Boldrini, Jak Krauszer, Stephan Ferrara, Ajay Lamas
2004 Nick Knight in London, England
Adina Fohlin, Amanda Moore, Jessica Miller, Natalia Vodianova, Karolina Kurkova, Mariacarla
Boscono, Esther de Jong, Frankie Rayder,Liberty Ross, Dewi Driegen, Ai Tominaga, Pollyanna
McIntosh, Alek Wek
2005 Patrick Demarchelier in Rio de Janeiro, Brasilien
Adriana Lima, Julia Stegner, Michelle Buswell, Erin Wasson, Marija Vujovic, Fillipa Hamilton, Liliane Ferrarezi, Valentina, Diana Dondoe, Isabeli Fontana, Naomi Campbell
2006 Mert and Marcus in Cap d’Antibes, Frankreich
Jennifer Lopez, Gisele Bundchen, Guinevere Van Seenus, Kate Moss, Karen Elson, Natalia Vodianova
2007 Inez and Vinoodh in Kalifornien
Sophia Loren, Penelope Cruz, Lou Doillon, Naomi Watts, Hilary Swank
2008 Patrick Demarchelier in Shanghai, China
Maggie Cheung, Agyness Deane, Lily Donaldson, Du Juan, Doutzen Kroes, Catherine McNeil, Mo
Wan Dan, Sasha Pivovarova, Coco Rocha, Caroline Trentini, Gemma Ward
2009 Peter Beard in Abu Camp/Jack’s Camp, Botswana
Daria Werbowy, Emanuela De Paula, Isabeli Fontana, Lara Stone, Rianne Ten Haken, Malgosia Bela,
Mariacarla Boscono
2010 Terry Richardson auf Bahia, Brasilien
Daisy Lowe, Georgina Stojiljokovic, Rosie Huntington, Eniko Mihalik, Catherine McNeil, Ana Beatriz, Abbey Lee Kershaw, Marloes Horst, Lily Cole, Miranda Kerr, Gracie Carvalho
2011 Karl Lagerfeld in Paris, Frankreich
Bianca Balti, Eliza Sednaoui, Freja Beha Erichsen, Isabeli Fontana, Magdalena Frackowiak, Anja Rubik, Abbey Lee Kershaw, Lakshmi Menon, Heidi Mount, Erin Wasson, Natasha Poly, Lara Stone,
Daria Werbowy, Iris Strubegger, Jeneil Williams, Baptiste Giabiconi, Sebastian Jondeau, Brad
Kroenig, Garrett Negg, Jake Davis
2012 Mario Sorrenti in Murtoli, Korsika
Isabeli Fontana, Natasha Poly, Saskia De Brauw, Lara Stone, Joan Small, Guinevere Van Seenus,
Malgosia Bela, Edita Vilkevictiute, Kate Moss, Milla Jovovich, Margareth Made, Rinko Kikuchi
2013 Steve McCurry in Rio de Janeiro, Brasilien
Isabeli Fontana, Adriana Lima, Sonia Braga, Marisa Monte, Elisa Sednoui, Petra Nemcova, Hanna
Ben Abdesslem, Liya Kebede, Karlie Kloss, Kyleigh Kuhn, Summer Rayne Oakes
2014 Feier des 50. Jubiläums des Kalenders in Mailand
Kalender 1986 von Helmut Newton, in Montecarlo und in Chianti
Antonia Dell’Atte, Susie Bick, Betty Prado
Pirelli und Kultur: Eine über 140 Jahre währende Geschichte
Die Unternehmenskultur von Pirelli basiert seit über 140 Jahren auf der Förderung der Forschung
im wissenschaftlich-technologischen sowie im humanistischen Bereich, auf dem Dialog zwischen
unterschiedlichen Kulturen und schließlich auf der ständigen Aufmerksamkeit für Umgebung und Gemeinschaft.
Die Verbindung zwischen Pirelli und der Innovation in Forschung und Kunst zeigten sich im Laufe
der letzten Jahre konkret in der Gründung zweier Kulturstätten, Fondazione Pirelli und
HangarBicocca. Diese beiden sich ergänzenden Einrichtungen erfüllen eine zweifache Aufgabe:
einerseits erhalten und fördern sie die Unternehmensgeschichte sowie seine Kultur, andererseits
ermöglichen sie eine Öffnung hin zu neuen Formen des Ausdrucks.
Das Engagement von Pirelli für die italienische Kunst und Kultur zeigt sich daneben auch in der
Zusammenarbeit des Unternehmens mit einer Reihe von Institutionen wie der Pinakothek Brera und FAI (Fondo Ambiente Italiano, Italienischer Umweltfonds). In Musik und Theater besteht eine Zusammenarbeit mit dem Theater Franco Parenti, dem Piccolo Teatro Mailand sowie dem Orchestra da Camera Italiana unter der Leitung von Salvatore Accardo.
Die enge Beziehung zu den Kultureinrichtungen besteht auch in anderen Ländern, in denen Pirelli
tätig ist. In Brasilien ist Pirelli seit zwanzig Jahren Partner der Fotosammlung des Museu de Arte in
San Paolo.
Das Mailänder Stadtviertel Bicocca
Das Stadtviertel Bicocca, das sich von einem Industrieviertel zu einem Zentrum des Wissens und der Forschung verwandelt hat, ist ein deutlicher Beweis für die epochale Übergangsphase, in der sich unsere Gesellschaft befindet. In diesem Viertel ist das Engagement von Pirelli für Umgebung und Kultur besonders augenfällig.
Vom HeadQuarter in der Mailänder Villa Bicocca degli Arcimboldi bis zur Fondazione Pirelli im HangarBicocca beherbergt das Viertel Bicocca die städtischen Orte und Merkmale, die hunderte Jahre Geschichte prägen und heute die neue Identität des Viertels ausmachen, indem sie zu einer positiven Nutzung und Wahrnehmung beitragen.
Die Geschäftsräume von Pirelli
Die Planung der neuen Büroräume von Pirelli wurde nach einem im Jahr 1989 gestarteten öffentlichen Wettbewerb Vittorio Gregotti anvertraut. Er beschließt, in der Mitte des Gebäudes den eindrucksvollen Kühlturm beizubehalten, der 1950 zur Abkühlung des Wassers gebaut wurde. Er hat die Form einer Hyperbel, einen Durchmesser von 32 Metern an der Basis und von 22 Metern an der Spitze und ist 46 Meter hoch.
Das Gebäude des Headquarters, das im August 2003 fertiggestellt wurde, besteht in einem großen Würfel mit einer Seitenlänge von 50 Metern. Längs seines Umfangs befinden sich die Büroräume, verteilt auf zehn Etagen, die über offene Gänge mit den Versammlungsräumen verbunden sind. Im Erdgeschoß des Turms befindet sich ein Auditorium mit 350 Plätzen, während auf dem Dach eine Landemöglichkeit für Hubschrauber besteht.
Der Kühlturm ist das eindrucksvollste Gebäude der Umgebung und Mittelpunkt des gesamten Viertels Bicocca. Es ist das Symbol für die Verwandlung dieses Stadtviertels.
Die Villa Bicocca degli Arcimboldi
Der Name des Stadtviertels am nordöstlichen Rand von Mailand geht auf die Bicocca degli
Arcimboldi zurück, die „Villa der Wonne“, die im fünfzehnten Jahrhundert von der Mailänder Adelsfamilie Arcimboldi erbaut und von ihr zur Erholung und Jagd genutzt wurde.
Die Bicocca, die im Jahr 1450 inmitten der noch freien Landschaft errichtet wurde, ist ein rechteckiges, zweistöckiges Gebäude und ein typisches Beispiel für Residenzen der damaligen Zeit. Nach dem sie in den Besitz anderer bedeutender Mailänder Familien überging, wird die Bicocca degli Arcimboldi schließlich 1917 zum Eigentum der Familie Pirelli.
Am Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts ist die Bicocca nicht viel mehr als ein Abstellplatz für
Arbeitsgeräte. Nach einer ersten Restaurierung, die 1910 beginnt, wird die Bicocca von Pirelli zu
einer „Schule im Freien“ für die Kinder der Arbeiterinnen umfunktioniert und beherbergt außerdem
Waisenkinder und Blinde, die Opfer des eben beendeten Konflikts sind.
Ab 1920 wird in einigen Räumen das Geschichtsmuseum des Unternehmens untergebracht; in der Zeit des zweiten Weltkriegs dient das Gebäude als Kindergarten für die Kinder der Angestellten.
Die Villa wird mehrmals in den Jahren 1933, 1947 und vor allem 1953 renoviert und von diesem Jahr an wird die Bicocca endgültig zum repräsentativen Sitz des Konzerns.
Heute innerhalb des Hauptquartiers von Pirelli, ist die Bicocca degli Arcimboldi eines der besterhaltenen Beispiele für die lombardische Architektur des fünfzehnten Jahrhunderts. Dank der Restaurationsarbeiten von 1994 bis 1996 kamen die ursprünglichen Verzierungen wieder zum
Vorschein. Besonderes Augenmerk gilt der Restaurierung des Graffito, einer typischen Verzierung
an Landhäusern und Villen der Lombardei des fünfzehnten Jahrhunderts.
Sein Muster zeigt die Form von Pfauenfedern, lanzett-oder rautenförmigen Schuppen, zusammengesetzt aus Palmenblättern, wie über dem großen Eingang. Auch das mehrmals im Erdgeschoß und im ersten Stock vorhandene Sonnenmotiv, in Abwechslung mit Sternen und geometrischen Formen, ist ein typisches Element lombardischer Dekoration.
Der Saal mit den bedeutendsten Fresken trägt den Namen „Sala delle Dame“ und befindet sich im
ersten Stock. Die Fresken zeigen einige Gruppen von Frauen, wahrscheinlich aus der Familie der Arcimboldi, bei der Ausführung ihre täglichen Tätigkeiten. Die Bicoca ist ein Zeugnis des gesellschaftlichen Lebens im fünfzehnten Jahrhundert und eines der seltenen Beispiele für die zivile ländliche Architektur dieser Zeit, die uns noch erhalten sind.
Die Fondazione Pirelli (Pirelli - Stiftung)
Die Fondazione Pirelli ist in einem Gebäude untergebracht, das „Fabbricato 134“ genannt wird.
Das Gebäude aus den dreißiger Jahren bewahrt noch heute den Zauber der industriellen
Architektur, die das berühmte Mailänder Fabrikgebäude prägte, das seit 1908 das Herz von Pirelli ist. Zu den Aufgaben der Fondazione, die im Jahr 2009 gegründet wurde, gehört es, das historische Erbe des Unternehmens zu bewahren und die Unternehmenskultur von Pirelli mittels Ausstellungen, Tagungen und verschiedenen Formen der Zusammenarbeit mit anderen Kultureinrichtungen zu fördern.
Das Gebäude der Fondazione Pirelli beherbergt das historische Archiv. Die darin enthaltenen
Unterlagen, die allmählich restauriert und sowohl dem Publikum als auch den Forschern
zugänglich gemacht wurden, könnten, alle hintereinandergelegt, eine Linie von drei Kilometern
Länge bilden.
Das historische Archiv, das mit der Zeit ständig bereichert werden konnte, enthält tausende von Fotografien der namhaftesten Fotografen, die im Laufe der Jahre für Pirelli gearbeitet haben, wie Federico Patellani, Ugo Mulas, Arno Hammacher, Gabriele Basilico und Falcio Roiter; hunderte von Originalentwürfen und Werbeplakaten der bekanntesten Graphic Designer wie Riccardo Manzi, Bruno Munari, Bob Noorda, Armando Testa; über 300 Film - und Tonbänder von 1912 bis heute, die von Regisseuren und Journalisten aufgenommen wurden, die sich später einen Namen machen konnten (wie der Film „La fabbrica sospesa“, mit dem der junge Silvio Soldini 1985 beauftragt wurde).
In der Fondazione Pirelli befindet sich auch ein großes Originalbild von Renato Guttuso, das von Pirelli bei dem Künstler anlässlich der Internationalen Ausstellung von Turin 1961 beauftragt wurde. Die Zeichnung, die erst kürzlich restauriert wurde, bildet die Vorlage für das Mosaik „La Ricerca Scientifica“ (Die wissenschaftliche Forschung), das heute eine gesamte Wand des Beratungsraumes im ersten Stock des Gebäudes einnimmt.
Derzeit beherbergt die Fondazione Pirelli die Ausstellung „ Pirelli und Italien in Bewegung. Forschung und Technologie, der Gürtelreifen erobert den Weltmarkt“. Sie beginnt mit der berühmten Werbekampagne von Pino Tovaglia für den Gürtelreifen von Pirelli von 1968 und bietet einen Überblick über die italienische Gesellschaft der sechziger Jahre mit den wichtigsten Veränderungen, darunter die Möglichkeit für alle, sich fortzubewegen und zu reisen.
Mit einer Auswahl von Fotos, Originalentwürfen, Filmberichten und einer Zusammenstellung der wichtigsten Artikel, die in der Zeitschrift „Pirelli“ veröffentlicht wurden, zeigt die Ausstellung einige der interessantesten, vor kurzer Zeit restaurierten Dokumente des historischen Archivs.
HangarBicocca
Entstanden aus der Umfunktionierung eines ehemaligen Industriegebäudes, der Fabrik Ansaldo-Breda, spiegelt der Hangar Bicocca den städtebaulichen Wandel des gesamten Viertels wider, das
durch die zahlreichen Fabrikgebäude geprägt war, darunter das von Pirelli. Im Jahr 2004 wurde
das Gebäude zu einem Ausstellungsraum, und heute ist der HangarBicocca der Schaffung, Ausstellung und Förderung der zeitgenössischen Kunst geweiht.
Die Fondazione HangarBicocca, bei der Pirelli Gründungsmitglied, Förderer und Unterstützer ist,
bekommt im April 2012 neuen Aufwind, als die Räume des Gebäudes vollständig renoviert werden und das kulturelle Projekt vollkommen neu definiert wird. Heute gehört HangarBicocca mit seinen 15.000 Metern europaweit zu den bedeutendsten Ausstellungsflächen für zeitgenössische Kunst und stellt darüber hinaus eine in ihrem Genre einzigartige Kultureinrichtung dar, die eine vollkommen neue internationale Programmplanung, die Kostenfreiheit aller Veranstaltungen, die Aufmerksamkeit für das Publikum sowie den Dialog mit ihrer Umgebung in den Mittelpunkt ihres Projekts stellt.
In den vergangenen eineinhalb Jahren wurde die Fondazione zu einem Bezugspunkt für ein Publikum von über 240.000 Besuchern, unter denen sich Liebhaber der zeitgenössischen Kunst genauso wie Familien und Studenten befinden. Zu verdanken ist dies den renommierten Ausstellungen wie denen von Yervant Gianikian und Angela Ricci Lucchi, Hans Peter Feldman, Wilfredo Prieto, Ilya und Emilia Kabakov, Carsten Nicolai, Tomas Saraceno, Apichatpong Weerasethakul, Mike Kelley und Ragnar Kjartansson
Das Programm für die Jahre 2013 bis 2015, das vom Artistic Advisor Vicente Todolí, von 2003 bis 2010 Direktor des Tate Modern in London, zusammen mit dem Herausgeber Andrea Lissoni ausgearbeitet wurde, beinhaltet eine Reihe neuer Ausstellungen einiger der namhaftesten Künstlerder vergangenen Jahrzehnte wie Dieter und Björn Roth, Micol Assaël, Cildo Meireles, João Maria
Gusmão und Pedro Paiva, Joan Jonas, Céline Condorelli, Juan Muñoz und Damián Ortega.
Die Ausstellungen, die sich durch ihre außergewöhnliche Gestaltung auszeichnen, die mit den monumentalen Räumen in einen Dialog tritt, sind eine einzigartige Gelegenheit, um die Arbeit und die wichtigsten Werke der herausragendsten Künstler des weltweiten Panoramas kennenzulernen.
Die Veranstaltungen, die dem breiteren Publikum, Kindern, Schulen und Studenten gewidmet sind,
machen einen wesentlichen Teil des Projekts von HangarBicocca aus. Die verschiedenen Angebotsformate-HB Kids, HB School, HB Tour, Führungen und Zusammenstellungen von Filmen, die von den Künstlern selbst ausgewählt werden– bilden einen Kalender von anspruchsvollen Gratisveranstaltungen, die das Publikum einbeziehen und in vorderster Linie am Leben der Einrichtung teilhaben lassen.
Es ist der Teilnahme von über 7.000 Kindern und Jugendlichen sowie von 3.600 Schülern und Studenten zu verdanken, dass HangarBicocca heute nicht einfach nur ein Ausstellungsraum ist, sondern sich als Institution bezeichnen kann, deren Stärke es ist, Kultur zugänglich zu machen.
Die sieben Himmelspaläste von Anselm Kiefer
Die raumspezifische Installation „Die sieben Himmelspaläste“, die für HangarBicocca anlässlich
seiner ersten Eröffnung 2004 geschaffen wurde, leitet ihren Namen von den Palästen ab, die in
der alten hebräischen Schrift Sefer Hechalot –„Buch der Paläste“– aus dem 4.-5. Jahrhundert n.Chr. beschrieben werden, in der es um den symbolischen Weg der spirituellen Einweihung desjenigen geht, der vor das Angesicht Gottes treten will.
Trotz des mystischen Themas aus der Kabbala wählt Kiefer industrielle Materialien und Techniken:
die sieben Türme, die ein Gewicht von jeweils 90 Tonnen und eine Höhe zwischen 14 und 18
Metern haben, wurden aus Stahlbeton gefertigt. Als Eckteile wurden Elemente verwendet, die aus
Containern zum Warentransport gewonnen wurden.
Die Sieben Himmelspaläste stellen den Zielpunkt der gesamten Arbeit des Künstlers dar. Sie fassen seine wichtigsten Themen zusammen und projizieren sie in eine neue Dimension außerhalb der Zeit. Sie sind zugleich Deutung einer alten Religion (der jüdischen), metaphorische Darstellung der Trümmer im Westen nach dem zweiten Weltkrieg, Archäologie einer möglichen Zukunft, von der aus der Künstler uns auffordert, die Ruinen unserer Gegenwart zu betrachten.
Jeder der “Sieben Himmelspaläste” endet mit einem Krönungselement und zeichnet sich durch Verzierungen aus, die je nach dem Thema des jeweiligen Turms unterschiedlich sind.
Islands von Dieter und Bjorn Roth
Die anthologische Ausstellung Islands von Dieter und Björn Roth, die im HangarBicocca vom 6. November 2013 bis 9. Februar 2014 zu sehen ist, ist das erste Ausstellungsprojekt unter der
Leitung des Artistic Advisor Vicente Todolí.
Die Ausstellung zeigt zum ersten Mal in Italien über 100 Werke von Dieter Roth ( Hannover, 1930
– Basel, 1998), der in den letzten fünfzig Jahren zu einer Leitfigur in der internationalen Kunstszene
geworden ist, und wird in Zusammenarbeit mit seinem Sohn Björn organisiert. Auf dem Weg, der
sie durch die Ausstellung führt und der durch die beeindruckenden Installationen, die im Dialog
mit dem ehemaligen Fabrikraum von HangarBicocca stehen, einzigartig ist,werden die Besucher
durch das multidisziplinäre kreative und geniale Universum des Künstlers geführt, der mit seiner
Arbeit die Art, Kunst zu machen und zu betrachten, radikal umgewälzt hat .
Eine Bar (Economy Bar, 2004-2013), die für die Besucher geöffnet und funktionsfähig ist und
zu der neben dem Tresen auch einige Videos, Zeichnungen, Gemälde, Musikinstrumente und schließlich die Flaschen gehören, die während ihrer Öffnungsdauer verbraucht werden, empfängt die Besucher und zieht sie in den unaufhörlichen Fluss von künstlerischem Schaffen und Alltag hinein, der den Schlüssel zu allen Werken von Roth und seiner Mitarbeiter darstellt.
Eine Kontinuität, die in sämtlichen ausgestellten Werken vorhanden ist, wie The Floor I (1973 - 1992) und The Floor II (1977 - 1998), zwei Werke, die aus den Fußböden der isländischen Ateliers des Künstlers bestehen, die hier vom Kontext gelöst und in abstrakte Bilder verwandelt werden, oder New York Kitchen (2013), eine echte Küche, die von Roths Team zur Verwirklichung einiger ausgestellter Werke benutzt wurde. Auf der Ausstellung sind daneben zwei über 5 Meter hohe Türme zu sehen : der Zuckerturm (1994-2013) und der Selbstturm (1994-2013).
Gelebtes Leben und Kunst verflechten sich in der Installation Solo Scenes (1997-1998), einem der
bekanntesten Werke des Künstlers, und gehen ineinander über: auf 131 Monitors werden Szenen aus dem täglichen und intimen Lebendes Künstlers übertragen, ein offenes Tagebuch fast in Echtzeit seines letzten Lebensjahres.
Die Reihe von Drucken Piccadillies ist eines der originellsten und interessantesten Projekte des Künstlers, das zwischen 1969 und 1974 entstanden ist, während Reykjavík Slides (1973 -1975 und 1990-1998) eine außergewöhnliche Dokumentation der über dreißigtausend Gebäude der isländischen Hauptstadt bis 1998 darstellt.
© Pirelli Kalender 2014, Helmut Newton.